Nachhaltigkeit und Klimaschutz
Briefing-Leitfaden für Agenturen
Die Rolle von Agenturen beim Umgang mit Klimaschutz und Nachhaltigkeit könnte eine bedeutendere werden und mit positiven Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft. Mit diesem Leitfaden möchte ich Agenturen unterstützen, die für Unternehmen aus dem Nachhaltigkeitsbereich arbeiten oder diesen Weg einschlagen möchten.
Zusätzlich zu Ihrem bestehenden Briefing-Konzept, möchte ich Ihnen hier 10 Punkte mit auf den Weg geben, die Sie bei den auftraggebenden Unternehmen aus dem Nachhaltigkeitsbereich einbinden sollten.
1. Verfügen Sie über eine «echte» Nachhaltigkeits-Strategie?
Die Kommunikation von nachhaltigen Themen als Teil des Geschäftsmodells ist nur vor dem Hintergrund einer zugrundeliegenden Unternehmensstrategie sinnvoll. Die Frage „Verfügen Sie über eine «echte» Nachhaltigkeits-Strategie?“ ist wesentlich und führt zur nächsten Frage, ob ein klares Konzept vorhanden ist, wie die Nachhaltigkeit definiert ist und worin sie besteht.
In dieser Fragestellung steckt,
- was konkret Nachhaltigkeit für Ihren Auftraggeber bedeutet,
- welche spezifischen Nachhaltigkeits-Ziele damit in Zusammenhang stehen,
- wie diese Definitionen und Ziele zum Unternehmen (dem Produkt, der Leistung etc.) passen.
2. Welche Veränderungen bewirkt die neue Ausrichtung in Ihrem Tun?
Was auf der Ebene der Gesellschaft insgesamt gilt, gilt auch auf der Ebene jedes Unternehmens: Ohne Veränderungen, Wandlungen und teils Verzicht wird der Weg der Nachhaltigkeit nicht zu gehen sein. Statt reiner Gewinn-Maximierung stellt sich die Frage der Sinn-Maximierung und zwar für die gesamte Gesellschaft und nicht nur für das Unternehmen.
Trifft das auf Ihren Auftraggeber zu?
3. In welcher Reihenfolge und welchem Tempo erfolgt die Umsetzung?
Manche Unternehmen entscheiden sich für eine schrittweise Umsetzung der Maßnahmen, indem sie zum Beispiel eine erfolgreiche Markteinführung und Amortisierung der Einführungskosten abwarten. Oder anfangs nur Teile ihres Unternehmens nachhaltig ausrichten.
In diesem Fall sollte auch die Kommunikation schrittweise erfolgen und sehr behutsam vorgegangen werden, um nicht den Verdacht eines „Green Washing“ zu erwecken.
Hinterfragen Sie in diesem Zusammenhang auch die lückenlose Ausrichtung von Lieferketten nach CSR-Standards. Dies reduziert das Risiko von Image-Schäden – für das Unternehmen und eventuell auch für Sie.
4. Wie werden die Maßnahmen in Ihrem Unternehmen (vor)gelebt?
Die Neuausrichtung hinsichtlich Nachhaltigkeit gelingt dann, wenn die Werte gemeinsam erarbeitet und intern von oben nach unten vermittelt, gelebt und schließlich verinnerlicht werden. Die Unternehmensleitung darf das klare Bekenntnis zur Nachhaltigkeit nicht nur vorgeben, sondern muss es vorleben - ohne Wenn und Aber. Die Neuausrichtung bliebe sonst unvollkommen oder ganz aus.
5. Wie wirkt sich die Ausrichtung auf die Unternehmenskultur aus, wie passt sie dazu?
Eine positive, kongruente und verinnerlichte Unternehmenskultur ist eine wesentliche Bedingung für die Authentizität aller Kommunikationsmaßnahmen und damit DER Erfolgsfaktor für die Kommunikationsstrategie. Denn Culture eats Strategy for Breakfast, wie Peter Drucker es so treffend formulierte.
Keine Unternehmenskommunikation kann den Mitarbeiter:innen und in weiterer Folge den Zielgruppen auf Dauer etwas vormachen. Und gehen Handeln und kommunizierter Markenkern auseinander, gehen Glaubwürdigkeit und Überzeugungskraft verloren, lassen sich Reputationsschäden schwer wieder gutmachen und verkehren vermeintliche Wettbewerbsvorteile schlimmstenfalls in ihr Gegenteil.
6. Welche neuen Zielgruppen möchten Sie erreichen?
Idealerweise hat das Unternehmen seine Zielgruppen und gegebenenfalls Personas gut ausgearbeitet. Gehen Sie diese mit dem Unternehmen genau durch und überprüfen Sie, ob sich Ihr Auftraggeber tatsächlich mit dem Markt, den Mitbewerbern, Trends und Zukunftsszenarien intensiv auseinandergesetzt hat.
Schauen Sie sich mit dem Kunden zwei Werte genauer an: die konkreten Bedürfnisse beim Thema Nachhaltigkeit und welche Werte damit in Zusammenhang stehen.
7. Welche Positionierung streben Sie an?
Welche positive Wahrnehmung am Markt aus Kundensicht angestrebt wird, ist der Kern jeder Marketingarbeit und wirkt sich gehörig auf Ihre Arbeit aus. Hinterfragen Sie, welche emotionalen und rationalen Nutzenversprechen das Unternehmen (Produkt, Leistung etc.) bietet.
Ist dies noch nicht erfolgt, erarbeiten Sie gemeinsam drei bis fünf Aussagen, die den (nachhaltigen) Kernwerten der Marke entsprechen. In diesem Punkt können Sie schlussfolgern, ob diese Kernwerte stimmig sind und ob das Unternehmen ein hinreichend tiefes Verständnis der Bedürfnisse seiner Zielgruppen besitzt. Sollte das nicht der Fall sein, braucht es eine tiefergehende Markt- und Trendrecherche und eine genauere Analyse der Zielgruppen!
8. Welches Wording entspricht der neuen Positionierung?
Nach der Konzipierung der Positionierung folgt die Umsetzung in ein entsprechend passendes und authentisches Wording. Das Wording ist Teil der neuen Corporate Identity und essenzieller Bestandteil der Kommunikationsarbeit. Mit diesem können die Botschaften vermittelt und Nachhaltigkeitsthemen zielgruppengerecht kommuniziert werden. Dabei wird eine zur nachhaltigen Ausrichtung passende einheitliche Schreib- und Sprechweise geschaffen, die sich in der internen und externen Kommunikation wiederfinden muss.
Das Wording wirkt sich auf die nachfolgende Maßnahmenumsetzung aus, da Sprache und Tonalität an die jeweiligen Feinheiten und Eigenheiten der bespielten Offline-, Web- und Social Media Kanäle angepasst werden müssen.
Welches Wording hat Ihr Auftraggeber erarbeitet und inwieweit passt es zu den Zielen (Punkt 1), den Zielgruppen (Punkt 6) und zur Positionierung (Punkt 7)?
9. Erfolgt die neue Ausrichtung entlang der gesamten Customer Journey?
Die Positionierung als nachhaltiges Unternehmen muss entlang der gesamten Customer Journey erfolgen: vom allerersten Touchpoint bis zum After Sales Prozess. Hinterfragen Sie diesen Punkt entlang der Kundenreise und gehen Sie gegebenenfalls die Kundenkontaktpunkte (Customer Touch Points) sowie die Kundenerlebnisse (Customer Experience) mit dem Auftraggeber durch.
10. Inwieweit werden Ihre Mitarbeiter:innen in diesem Prozess einbezogen?
Diese Frage ist mit Absicht letztgereiht, denn wenn es um interne Themen geht, bewegt man sich als Agentur wie als Berater auf dünnem Eis.
Die Frage „Inwieweit werden Ihre Mitarbeiter:innen in diesem Prozess einbezogen?“ heißt konkreter: Welche Rollen spielen Beteiligung (Involvement), Verantwortung (Responsibility) und transparenter Überblick (Overall View) im Unternehmen, also:
- Wer in Ihrem Unternehmen ist grundsätzlich involviert (INVOLVEMENT)?
- Wer übernimmt für welches Thema Verantwortung (RESPONSIBILITY)?
- Welches Gewicht hat die einzelne Stimme, was gilt als größter gemeinsame Nenner und was als das große Ganze (OVERALL VIEW)?
Der Gleichklang der Botschaften von interner und externer Kommunikation ist speziell im Bereich Nachhaltigkeit wichtig, wo Mitarbeiter:innen und Zielgruppen kritischer agieren als anderswo.
Fazit
Je eingehender Sie sich mit der neuen nachhaltigen Ausrichtung des Unternehmens befassen, desto besser wird Ihnen die Kommunikation und Umsetzung gelingen.
Last but not least
Als Grundvoraussetzung sollten Sie über eine positive Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit verfügen und gleichzeitig eine möglichst neutrale Rolle einnehmen. Unabhängig davon, wie Ihre Einstellung zum Thema Nachhaltigkeit ist: Lassen Sie sich nicht dadurch ablenken.
Ingrid Winkler, März 2022
www.iwmarketing.at